Die Stereoprojektion Werner Pietsch, 1959
Wohl jeder Stereoskopiker ist bestrebt, seine Raumbildbegeisterung auf andere zu übertragen und hat deshalb den verständlichen Wunsch, seine
Stereobilder im Kreise von Freunden und Bekannten nicht nur durch umständliches Herumreichen eines Handbetrachters jeweils nur einem einzelnen vorzuführen, sondern allen gleichzeitig die Raumwirkung im projizierten
Bild zu vermitteln. Die Fotoindustrie ist diesem Wunsche nachgekommen und stellt dem Amateur zu hoher Präzision entwickelte Stereo-Heimprojektoren in reicher Auswahl zur Verfügung.
Die Halbbildlage
Bei der Einzelbetrachtung von Stereobildern im Stereoskop liegen die Halbbilder nebeneinander, während beim stereoskopischen Bildwurf die beiden Halbbilder eines Raumbildes übereinander auf eine Bildwand
projiziert werden. Auch hier muß jedem Auge nur das ihm zugehörige Halbbild zugeleitet werden und, um bei der Betrachtung den Stereoeffekt zu erzielen, die stereoskopische Halbbildtrennung durchgeführt werden.
Früher geschah dies noch dem Anaglyphenverfahren durch Einfärben der Halbbilder mit Komplementarfarben oder nach d'Almeida durch Vorschalten komplementär gefärbter Filter vor die Objektive und Bildbetrachtung durch
eine Brille mit entsprechend gefärbten Folien in der bereits beschriebenen Weise. Abgesehen davon, daß bei diesem Verfahren das Projektionsbild sehr dunkel ist und eine extra starke Lichtquelle erfordert, schließt
die Anaglyphen-Technik die gerade so eminent reizvolle Wiedergabe naturfarbiger Raumbilder aus.
Die Polarisation des Lichtes Heute benutzt man zur stereoskopischen Bildtrennung
ausschließlich nur noch Polisatoren, die das Projektionslicht aufspalten. Dabei geht man von der physikalischen Erkenntnis aus, daß sich das Licht ähnlich den Schallwellen in elektromagnetischen Schwingungen sehr
hoher Frequenz nach allen Richtungen fortbewegt. Läßt man die Lichtstrahlen durch ein vorgeschaltetes Gitter nur in einer Schwingungsebene hindurch, so werden alle Lichtstrahlen, deren Schwingungen quer zu den
Gitterstäben verlaufen, zurückgehalten. Durch Vorschalten solcher Gitter in Form von Polarisationsfiltern submikroskopischer Feinheit vor die Projektionsobjektive lassen sich also die zwischen zwei Polen
schwingenden Lichtstrahlen je nach Anordnung der Gitterstäbe dem Auge sichtbar oder unsichtbar machen. Für die stereoskopische Bildtrennung benutzt man zwei Polfilter, deren Schwingungsebenen, in V-Stellung
senkrecht zueinander angeordnet sind. Da bei der Überlagerung infolge der parallaktischen Unterschiede der beiden Halbbilder nur die Bildpunkte naheliegender Objekte zur Deckung gebracht werden, entsteht ein wirres
Durcheinander von sich überschneidenden doppelten Konturen. Dieses Chaos entwirrt sich aber sofort zu einem klaren, naturgetreuen und eindrucksvollen Raumbild, wenn man das projizierte Doppelbild durch zwei in einem
Brillengestell gefaßte Polorisationsfilter betrachtet, die in denselben Schwingungsebenen wie die den Objektiven vorgeschalteten Polfilter jedem Auge nur die Lichtstrahlen des ihm bestimmten Halbbildes sichtbar
werden lassen, während die Lichtstrahlen des jeweils anderen Halbbildes ausgelöscht werden. Während sich die Augen auf die seitliche Parallaxe leicht einstellen, führen alle bei der Uberlagerung der beiden
Halbbilder auftretenden stärkeren Höhendifferenzen zu Verschmelzungsstörungen, die sich aber innerhalb gewisser Grenzen korrigieren lassen, wenn man ohne Polbrille die Höhenlage eines der Halbbilder am
Stereoprojektor nachstellt. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß Höhenunterschiede in der Halbbildlage, die sich schon bei der Betrachtung im Stereoskop störend bemerkbar machen, bei der stereoskopischen
Projektion infolge der starken Vergrößerung unerträgliche Ausmaße annehmen können. Den besten unverzerrten Eindruck erhält man, wenn der Betrachter das Projektionsbild im oder in möglichster Nähe des
perspektivischen Zentrums auf sich wirken läßt.
Der Bildschirm Auffangwände aus Papier, Leinen oder Perlwände heben die Polarisation auf. Es müssen daher für die Stereo-Projektion
mit polarisiertem Licht ausschließlich Wände mit metallischer Oberfläche verwendet werden, die als sogenannte Silberwände erhältlich sind.
Projektoren für Aufnahmen mit Stereovorsätzen Für die stereoskopische Projektion der mit den Zeiss
-Ikon-Stereovorsätzen aufgenommenen Raumbilder wurde der in Bild 154 wiedergegebene Spiegelvorsatz entwickelt, der sich an allen Objektiven der neuen „Ikolux"-Projektoren verwenden läßt und dessen
einfacher Aufbau eine niedrige Preisgestaltung ermöglicht. Mit dem Gerät können sowohl o- wie o o-Stereobilder projiziert werden. Die unterschiedliche Einstellung der Polarisationsfilter erfolgt durch
entsprechendes Umdrehen des Polarisationsschiebers. Im Gegensatz zu dem strahlenteilenden Projektionsvorsatz „Ikolux 150" des Bildes 154 erzielt man mit dem in Bild 156 wiedergegebenen Stereo-Doppelprojektor „Ikolux 500" bei gleichstarker Lichtquelle ein helleres Schirmbild.
Auch mit diesem Gerät können gleicherweise nur durch Veränderung der Polisatorenstellung o- und oo-Stereobilder projiziert werden. Das Gerät, das bei o-Stereobildern keine entzerrende Wirkung hat, kann mit
den Objektivsätzen „Orikar 1 :2,5/100 mm" oder „Orikar 1 : 3,2/150 mm" ausgerüstet werden. Die Polarisationsfilter, die früher aus Gelatinefolien mit eingelagerten und gerichteten Mikrokristallen
(Herapahtit) bestanden, werden heute ausschließlich nach einem Verfahren von Käsemann in Oberaudorf hergestellt. Sie bestehen aus durchsichtigen Folien organischer Kolloide (Zellulose, Nylon, Polyvinylalkohol
usw.), deren Linearmoleküle durch einen Streckungsprozeß parallel und stabgitterartig ausgerichtet werden und in deren Zwischenräume lichtabsorbierende Farbstoffe eingelagert sind. Mit
solchen Folien ausgestattete Brillen, deren Schwingungsrichtung im allgemeinen unter 45° ausgerichtet rechtwinklig zueinander stehen, werden von verschiedenen optischen Firmen geliefert. Bild 158 zeigt
die von Zeiss-lkon, Stuttgart, hergestellten Polarisationsbrillen, die bei der Stereoproduktion mit den „lkolux"-Geräten die exakte Bildtrennung und eine einwandfreie Raumwirkung gewährleisten.
Mit dem für die Flachbildprojektion von Dias des Standardformates 24 x 36 mm von dem VEB Optische Werke Jena geschaffenen Kleinbild-Projektor „375 W", den das Bild 159 mit verschiedenen Objektiven
unterschiedlicher Brennweiten wiedergibt, lassen sich mit dem auf dem Bild rechts vorn liegenden Prismenvorsatz die mit den strahlenteilenden Vorsätzen 65 und 12 mm aufgenommenen Raumbilder (nutzbares Halbbildformat
23 x 16 mm) stereoskopisch projizieren. Der mit Polarisationsfiltern versehene Prismenvorsatz bewirkt eine Konvergenz der Bildstrahlen, so daß die beiden stereoskopischen Halbbilder übereinander auf den
Bildschirm geworfen werden. Die im Bild 161 wiedergegebene Stereo-Brille „Polaplast", deren Bügel nach der Kopfform verstellbar und deren Polarisationsfilter senkrecht zueinander orientiert sind,
entsprechen den Richtungen der Polarisationsfilter des Projektor-Prismenvorsatzes. Betrachtet man durch diese Brille das Projektionsbild, so wird automatisch jedem Auge nur das ihm bestimmte Halbbild zugeordnet
und die Bildverschmelzung erfolgt spontan und mühelos. Dem Bildwurf in groben Räumen wie Hörsälen usw. dient ebenfalls für das Stereo-Halbbildformat 23 x 16 mm der Doppelprojektor „750 W". Das im Bild 162
wiedergegebene Gerät ist mit zwei Lampen je 5 A 375 W, mehrlinsigen Kondensoren mit Warmeschutzfiltern und zwei Prismensystemen ausgestattet. Die Abbildung der beiden Halbbilder erfolgt getrennt über je ein
eigenes Projektionssystem und zwei „Pokinare 1 :1,6/120 mm entwerfen sehr helle randscharfe Bilder. Die Projektionsentfernung beträgt ca. 5 bis 10 m, wobei eine etwa 40- bis 80fache Vergrößerung erreicht wird.
Projektoren für Aufnahmen mit Stereokameras Während zur Stereo-Projektion von Raumbildern, die mit Stereovorsätzen aufgenommen wurden, Spezialprojektoren oder zum mindesten zusätzlich
Vorsatzgeräte erforderlich sind, lassen sich die mit einer einäugigen-oder Stereo-Kamera aufgenommenen Raumbilder auch mit zwei gekuppelten Einzelbildwerfern stereoskopisch projizieren. Bild 163 zeigt die Aufstellung der beiden Projektoren. Um ihre Stellung
zueinander genau zu fixieren, steckt man in die Bildschlitze beider Wechselschieber Leermasken mit den den Halbbildgrößen entsprechenden Ausschnitten und bringt auf dem Bildschirm sämtliche Maskenränder
zur Deckung. Unterschiedliche Brennweiten der beiden Projektionsobjektive lassen sich in engen Grenzen dadurch ausgleichen, daß man den Projektor mit dem Objektiv der längeren Brennweite etwas zurückrückt.
Setzt man vor die Objektive Polarisationsfilter, deren Schwingungsebenen in L- oder V-Stellung senkrecht aufeinanderstehen, und betrachtet man das projizierte
Bild durch ebensolche Polarisationsbrillen, so erhält man einwandfrei den Stereoeffekt. Höhen- und Seitendifferenzen der sich auf dem Bildschirm überlagernden Halbbilder sind leicht durch
entsprechende Verstellungen der Projektoren zu beseitigen. Der Vorteil des Verfahrens liegt in der großen Helligkeit des Schirmbildes, die mit Prismenvorsätzen an Einzelprojektoren auch nicht
annähernd zu erreichen ist. Als Nachteil muß angesehen werden, daß sich bereits fertig montierte Stereobilder nicht projizieren lassen, sondern die Halbbilder einzeln in
den üblichen Diarahmchen 50 x 50 mm gefaßt werden müssen, was leicht zu Verwechslungen der Halbbilder führen kann. Sollen Stereobilder, die bereits in den genormten Außenformaten 41 x 101 mm und 6 x 13 cm
montiert sind, projiziert werden, so benötigt man einen Bildwerfer, der speziell für die Stereo-Projektion konstruiert ist. Für das Stereo-Kleinbildformat 41 x 101
mm und alle darin unterzubringenden Halbbildgrößen hat die Firma PINTSCH BAMAG, Berlin-Moabit, den in den Bildern 164 und 165 wiedergegebenen Projektor „Duplex II" entwickelt, der gleicherweise zum Großraumbildwurf für randscharfe und unverzerrte Projektionsbilder bis zu 4 qm wie zur Heimprojektion
dient und hier den verwöhntesten Ansprüchen genügt. Das Gerät wird mit Projektionsobjektiven der Lichtstärker. 1 :2,8 oder 1 :1,9 und insbesondere für die
Großraumprojektion mit 2 Schmalfilmlampen zu je 500 W geliefert. Bei Verwendung der 1 :1,9-Optik genügen für die Heimprojektion vollkommen Lampen von je 200 W, die nur einen Satz Wärmeschutzfilter erfordern,
wodurch entsprechend weniger Licht absorbiert und außerdem die Farbwiedergabe verbessert wird. Die Anordnung der optischen Elemente wie Objektive, Fokusierungshalter, Polarisationsfilter und die Lage des
Wechselschiebers sind aus dem Bild 165 ersichtlich. Mit der neben dem Projektor liegenden Metallschablone lassen sich die normenrichtigen Ausmaße der Dia-Rähmchen nachprüfen. Stereobilder, bei denen die
Zwangsjustierung der Halbbildlage nicht bereits bei der Aufnahme erfolgte, lassen sich mit allergrößter Genauigkeit im Projektor montieren, indem man im Wechselschieber bei abgenommener Vorderhaube die
Halbbilder so lange gegeneinander verschiebt, bis korrespondierende Bildpunkte naher Objekte zusammenfallen.
Ein im Prinzip ähnliches Gerät wird von der Mailänder
Firma Malinferno hergestellt. Dieser in Bild 166 dargestellte Doppelprojektor ist mit zwei 250 Watt-Lampen normalerweise ausgerüstet. Die Wärme wird zum Teil durch Wärmefilter absorbiert, zum anderen Teil
durch Gebläse entfernt. Lampen und Objektive bilden jeweils ein fest miteinander verbundenes System. Beide Systeme können zur Beseitigung von etwaigen Seiten- oder Höhenparallaxen gegeneinander in horizontaler
sowie vertikaler Richtung verdreht werden. Dabei bleibt die einmal erfolgte Justierung der Lampen zu den Objektiven zwecks optimaler Ausleuchtung des Bildes
stets erhalten, was als ein Vorteil dieses Systems zu werten ist. Bildschieber können für das Format 41 x 101 mm sowie das französische Format 45 x 107 mm oder auch zur Aufnahme von zwei 5 x 5-Rähmchen geliefert
werden. Einen Projektor wesentlich einfacherer Bauart zeigt Bild 167. Das Gerät, das vom VEB KAMERA- UND KINOWERK DRESDEN speziell für „Belplasca“-Aufnahmen im Stereo- Kleinbildformat 41 x101 mm entwickelt, auf der Photo-Kina Köln 1956 und der Leipziger Frühjahrsmesse 1957 gezeigt wurde,
genügt allen Anforderungen, die an eine Heimprojektion im engen Familienkreis zu stellen sind. Stark abweichend von den sonst bei Stereo-Projektoren üblichen Herstellungsmethoden ist die Konstruktion und Funktion des Stereo-Kleinstbild-Projektors „Stereomatic 500" des View-Master-Systems (Bild 168). Die starke
Vergrößerung der sieben winzig kleinen Stereo-Bildpaare, die ohne Deckgläser und oft leicht gewölbt auf der beschriebenen Bildscheibe zusammengestellt sind, stellt außerordentlich höhe Anforderungen an die
Präzision des Projektionsgerätes. Der „Stereomatic 500" besitzt eine 500-Watt-Lampe, deren Wendel parallel zur Projektionsrichtung steht. Ihr Licht wird über zwei beidseitig angeordnete Schrägspiegel mit
Spezialbelag in zwei Kondensorsysteme geleitet, die die sichtbaren Strahlen zu 95 % durchlassen. Die Lichtausbeute ist also ganz ausgezeichnet. Von den Kondensorsystemen besteht je ein Linsenteil aus einem
Glas, das die Wärmestrahlen zu 90 % absorbiert. Zusätzlich werden die Bildscheiben durch ein Düsengebläse gekühlt. Der Bildtransport erfolgt durch Druck auf einen Hebel. Die Parallaxe-n-, Scharf- und
Rahmeneinstellung ist gekuppelt und braucht daher nur einmal vor Beginn der Vorführung vermittels des in Bild 168 mitten über den Objektiven sichtbaren Einstellrades
entsprechend der Schirmentfernung vorgenommen werden. Besondere konstruktive Vorzüge sind wärme- und lichtisoliertes Metallgehäuse, getrennte Montage der Beleuchtungs- und optischen Einrichtung, Lichtluke zum
Erkennen der Bildscheiben-Beschriftung, verdeckter Bildwechsel, Aufleuchten eines Stopplichtes bei der Projektion
des jeweils letzten Bildes der Scheibe und getrennte Schaltung von Gebläsemotor und Lampe. Die Polarisatoren sind zwischen Bildscheibe und Objektiven angeordnet. Bei Begrenzung des Betrachtungswinkels auf etwa 30°
beiderseits der Bildwandmitte lassen sich mit den beiden eingebauten Projektionsobjektiven 1 :3/75 mm bei
reichlich hundertfacher Linearvergrößerung und ausreichender Helligkeit verzerrungsfreie Stereo-Projektionsbilder mehr als 50 Personen vorführen. Da, wie bereits gesagt, View-Master-Bildscheiben mit ausgewählten
Farbaufnahmen aus aller Welt in Millionenauflagen überall für weniger als 2,- DM pro Scheibe erhältlich sind (Vertrieb aller View-Master-Erzeugnisse jetzt durch die Firma Hauff in Stuttgart), kommt die hohe
Leistungsfähigkeit des Projektors auch denjenigen zugute, die sich aus irgendwelchen Gründen nicht selbst mit der Aufnahme und Herstellung von Stereobildern befassen wollen.
Bild 169 zeigt den Stereo-Großprojektor „Stereopan" der Firma Ludwig Pani, Wien, der für den Bildwurf von Stereobildern in Großformat 6 x 13 cm geschaffen
wurde. Daneben lassen sich mit Hilfe von Einlegerahmen auch die Stereobilder aller Kleinbildformate projizieren. Der Projektor, der auf einem schwenkbaren Gußsockel montiert ist, hat auswechselbare Objektivpaare mit
verschiedenen Brennweiten, durch die sich Schirmbildgröße und Projektionsentfernung je nach den gestellten Anforderungen und den räumlichen Verhältnissen variieren lassen. Die
Beleuchtungseinrichtung besteht aus zwei Systemen, die für Lampen bis 700 Watt geeignet sind. Die Lampenfassungen und die Reflektorspiegel sind justierbar; die quadratischen, dreilinsigen Kondensoren
65 x 65 mm sind aus Hartglas gefertigt. Wärmeschutzfilter und ein Kühlgebläse schützen die Diapositive vor zu großer Erwärmung. Die Abbildungsoptik
besteht aus einem Doppelobjektivträger mit Einstellvorrichtung und zwei lichtstarken Projektionsobjektiven mit reflexminderndem Belag.
Tisch-Stereobetrachter Auch bei den sehr sinnreich konstruierten sogenannten
Tisch-Betrachtern (Table Viewer) erfolgt die Trennung der optisch überlagerten stereoskopischen Halbbilder durch Polarisationsfilter. Ähnlich wie bei einem Fernsehempfänger kann das aus dem Inneren eines
kastenförmigen Gerätes auf die Rückseite einer Bildfläche projizierte Raumbild von mehreren Personen zugleich betrachtet werden. Das Projektionsbild, das in der Durchsicht gegen die Lichtquelle betrachtet wird,
erscheint so hell, daß Lichtverluste durch die Polfilter nicht ins Gewicht fallen und eine Betrachtung in unverdunkelten Räumen, ermöglicht wird. Da chemisch geätzte Mattscheiben ebenso wie
nichtmetallische Projektionswände die Lichtpolarisation aufheben, wird die Bildfläche aus gesandeltem Glas oder mattierten Kunststoff-Folien hergestellt. Die Betrachtung
erfolgt in der gleichen Weise wie bei der Stereo-Projektion durch Brillen mit Polfilterpaaren. Das bekannteste Gerät dieser Art Bild 170 stammt aus den Werkstätten der Firma Ludwig Pani, Wien. Es ist
ebenso wie der im vorangegangenen beschriebene Großprojektor „Stereopan" der gleichen Firma für Stereobilder aller genormten Formate benutzbar. Der optische Aufbau, die Durchleuchtung der beiden
Halbbilder, der Strahlengang, die Polarisation, die Halbbildüberlagerung und schließlich die Betrachtung des von innen auf die Bildfläche projizierten Raumbildes durch die Polarisationsbrille wird durch die schematische
Skizze des Bildes 171 sehr deutlich veranschaulicht. Der dem „Stereoplast" sehr ähnliche Tisch-Projektor „Or-View" des Bildes 172 wurde von der TDC (Three
Dimens. Co) entwickelt. Bei diesem Gerät gestattet ein im Inneren befindlicher umklappbarer Spiegel den Strahlengang um 180° umzulenken und die Bilder auch auf eine Silberwand zu projizieren.
Während die bisher beschriebenen Stereobetrachter die Bildtrennung mit verschieden polarisiertem Licht erreichen, gibt es auch Betrachtungsgeräte, bei denen der gleiche Effekt durch gerichtetes Licht erzielt wird.
Solche Geräte werden von der Officine Galileo in Florenz unter dem Namen „Stereovisore" hergestellt. Der in dem Bild 173 wiedergegebene „Stereovista" ist
ein sehr handlicher, überall leicht aufzustellender Tischbetrachter für das Stereo-Kleinbildformat.
Nach der stürmischen Entwicklung des Colorfilms zu seiner heutigen Bedeutung ist die Farbe aus dem
Raumbild nicht mehr wegzudenken. Es war deshalb ein genialer Gedanke, vermittels der Polarisation des Lichtes nach den gegebenen Möglichkeiten neben der subjektiven Einzelbetrachtung im Linsenstereoskop auch
die Projektion naturfarbiger Stereobilder zu verwirklichen. Ein sich vor allem bei Großveranstaltungen sehr unangenehm bemerkbarmachender Nachteil des Polisarisationsverfahrens ist der leider nicht zu
umgehende Lichtverlust durch die Pol-Filter sowie die erforderliche Zwangsbenutzung von Betrachtungsbrillen. Man suchte daher nach anderen Möglichkeiten und hauptsächlich der russische Forscher und Stereo
-Experte S. P. Iwanow beschäftigte sich intensiv mit dem Problem der freiäugigen Stereo-Projektion auf Rasterschirm
Im Zusammenhang mit den mit polarisiertem Licht
arbeitenden Projektionsverfahren sei ein in letzter Zeit von dem Belgier Mantagne in Lüttich propagiertes Verfahren erwähnt, bei dem der Stereo-Effekt nur teilweise zur Hebung des plastischen Bildeindrucks von
einfachen nur einäugig aufgenommenen Projektionsbildern verwendet wird. Diese als „Spacial-Verfahren" bezeichnete Projektionsart beruht darauf, daß das projizierte Flachbild aus seiner Schirmebene
heraus durch einen stereoskopischen Trick verlagert wird. Man braucht ja nur dasselbe Bild zweimal übereinander auf den Schirm zu werfen, aber die Bildumgrenzung des zweiten Bildes um einen kleinen
Betrag gegenüber dem ersten seitlich zu verschieben. Es entsteht dann zwischen Bild und Umgrenzung eine Parallaxe auf dem Schirm. Bei Deckung der Umgrenzungen auf einem Silberschirm und Projektion in
polarisiertem Licht mit um 900 gegeneinander versetzter Schwingungsrichtung und Betrachtung durch eine entsprechend ausgerichtete Pola-Brille erscheint die Umrahmung auf dem Bildschirm, während das Bild wie
durch ein Scheinfenster gesehen im Raum dahinter schwebt. Man nimmt also zwischen Schirm und Bild den dazwischen liegenden Raum wahr. Dadurch wird die Raumvorstellung so stark belebt, daß man auch im Bild
„plastisch" zu sehen wähnt, was natürlich nicht stereoskopisch der Fall ist. Das Verfahren kann mit einem dafür
lieferbaren, die Teilung in zwei Halbbilder und Uberlagerung derselben auf dem Schirm bewirkenden mit Polfiltern versehenen Keilvorsatz mit jedem Einbildprojektor ausgeführt werden. Dieses von Lüscher als „Semi"
-Stereoskopie bezeichnete Verfahren trägt ganz erheblich zur Hebung der „Plastik" der sonst flachen Projektionsbilder bei.
© Text und Bilder überarbeitet von D. Schulte |