Prismenvorsätze für Stereoaufnahmen mit der Kleinbildkamera
Die Stereophotographie will den räumlichen Eindruck, den wir bei beidäugigem Sehen von unserer Umwelt
empfangen, bildmäßig erfassen. Hierzu müssen zwei Bilder des gleichen Aufnahmeobjektes von zwei verschiedenen
Punkten - der Basis- aus hergestellt und jedes dem betreffenden Auge zugeführt werden. Das erfordert normalerweise
eine Spezialkamera mit zwei Objektiven; jedoch ist es der Wunsch vieler Photoamateure, besonders seit der schnellen
Entwicklung der Kleinbildphotogrophie, auch mit einäugigen Kameras Stereoaufnahmen herzustellen. Diesem Wunsch entsprechen die von uns neu konstruierten Stereo-Prismenvorsätze, die es ermöglichen, mit einer normalen
Kleinbildkamera Stereoaufnahmen anzufertigen.
Es wurden zwei Vorsätze entwickelt, von denen der eine mit einer Basis von 12 mm (Bild l) für Nahaufnahmen unter 2 m, der andere mit einer Basis von 65 mm (Bild 2) für Entfernungen über 2 m bestimmt ist.
Bei den Aufnahmen entstehen zwei Teilbilder von 15 x 22 mm Größe, getrennt durch einen Streifen von etwa 4 mm
Breite. Die klare Trennung der Teilbilder, die auf optischem Weg erreicht wird, bedeutet einen besonderen Vorzug gegenüber anderen Konstruktionen.
Die Vorsätze sind an Objektive f = 50 mm gebunden und können grundsätzlich an allen Kleinbildkameras mit dieser Brennweite angewendet werden. Besonders geeignet sind die Spiegelreflexkameras Pentacon (Contax-D), Exakta-Varex, Exa, Praktiflex FX, Praktica FX und Praktina FX, weil bei ihnen die Schärfe und der Bildausschnitt auf, der
Mattscheibe zu beobachten sind. Wir fertigen daher unsere Prismenvorsätze zunächst nur für die Objektive dieser Kameras. Die Vorsätze werden vorn in die Fassung der Tessare 1 : 3,5 f = 50 mm oder
1 : 2,8 f = 50 mm eingeschraubt. Der Vorsatz mit der Basis 12 mm paßt für Objektive in Fassung mit und ohne Blendenvorwahl, der Vorsatz ,65 mm unmittelbar nur für Objektive mit Blendenvorwahl; für Objektive ohne
Blendenvorwahl ist ein Zwischenring erforderlich. Durch Drehen läßt sich der Vorsatz in die richtige Lage bringen, in
der die Trennlinie zwischen den Teilbildern senkrecht stehen muß. Diese Einstellung wird am vorteilhaftesten nach
zwei markanten Bildpunkten am oberen oder unteren Rand des Bildfeldes vorgenommen, die bei richtiger Stellung des
Vorsatzes gleichen Abstand vom Bildrand haben müssen. In dieser Stellung ist der Vorsatz mit Hilfe eines Gegenrings
festzuklemmen. Beim Vorsatz für Nahaufnahmen erübrigt sich das Festklemmen infolge straffer Führung des Einstellrings. Um zu vermeiden, daß die Gewinde durch Staub u. ä. verschmutzen, sind sie mit besonderen
Schutzkappen versehen. Die Belichtungszeit ist bei Benutzung des Stereovorsatzes gegenüber Normalaufnahmen etwa auf das 1,8 fache zu verlängern.
Für Nahaufnahmen unter 1 m werden zweckmäßig Vorsatzlinsen vor dem Stereovorsatz kleiner Basis angebracht, mit
denen der Bereich bis zu 20 cm vom Scheitel der Vorsatzlinse überbrückt wird. Will man Aufnahmen aus noch
kürzerer Entfernung machen, so muß man die Vorsatzlinse durch ein Photoobjektiv ersetzen, das mit der Frontseite am Stereovorsatz zu befestigen ist. Auf diese Weise kann man von kleinen Objekten Aufnahmen bis zum
Abbildungsmaßstab 1 : 1 erzielen. Die Möglichkeit, Stereo-Nahaufnahmen herzustellen, ist als besondere Stärke des
Zeiss-Stereosystems zu bewerten und hat sich in der Praxis, z. B. bei Operationsaufnahmen, bereits gut bewährt. Die fertigen Schwarz-Weiß- oder die Farbglasbilder können mit unserem Kleinbild-Stereobetrachter angesehen
werden. Genußreicher und bei gleichzeitiger Betrachtung durch einen größeren Personenkreis notwendig ist die
Projektion mit unserem lichtstarken Kleinbildwerfer 375 W, den man dazu mit einem Polarisations-Prismenvorsatz,
ähnlich dem Aufnahmevorsatz mit kleiner Basis, ergänzen muß. Als Projektionsfläche dient ein Silberschirm, und zum
Betrachten der Bilder sind Polarisationsbrillen erforderlich. Genaue Angaben enthält die Druckschrift CZ 58-049-1, die von unserer Abteilung für Projektion und Kino zu beziehen ist.
Prospekt von Carl Zeiss Jena aus dem Jahr 1954. (© Text überarbeitet von D. Schulte) |