Das Geheimnis 3-D

Es ist zwar kein Geheimzeichen, dieses 3-D, immerhin für viele etwas Fremdes in der Photographie. Jetzt, da die Lichtspieltheater beginnen, solche 3D-Filme zu zeigen, scheint es mir an der Zeit zu sein, auf ein Photoaufnahmegebiet hinzuweisen, das bisher nur von Liebhabern gepflegt wurde die Stereo-Photographie, auch Raumbild-Photographie geheißen.

Das 3-D ist die Abkürzung von Dreidimensional, also körperlich oder räumlich. Was ein Körper ist, erklärte seinerzeit unser Mathematiklehrer folgendermaßen: Man ziehe einen Punkt in eine Richtung, das gibt eine Linie und eine Dimension, bewege diese Linie quer zu ihrer Achse fort, das ergibt die z w e i t e Dimension, nämlich eine Fläche. Wenn die Fläche senkrecht zu sich selbst fortbewegt wird, erreicht man die d r i t t e Dimension den Körper. Für uns Jungen war das damals eine Denksportaufgabe. Breite mal Höhe mal ja, die Tiefe fehlt in unseren Bildern, die ahnen wir nur oder bilden uns ein, sie zu sehen. Wir sagen dann, dies oder jenes Photo wirke plastisch, räumlich. Doch das scheint nur so, denn wir haben ein einäugig gesehenes flaches Bild vor uns und den Raum sehen wir nur „verstandesgemäß", weil wir wissen, daß der Weg im Vordergrund in die Tiefe der Landschaft führt. Es ist Selbsttäuschung, denn „echtes" räumliches Sehen ist nur möglich mit zwei Augen. Warum das so ist? Nun, dafür ein kleines Beispiel: Stellen Sie eine beliebige runde Flasche vor sich auf den Tisch und betrachten Sie dieselbe einmal mit dem r e c h t e n Auge. Abwechselnd nehmen Sie mehr von der linken oder mehr von der rechten Seite wahr. Also, Sie umfassen die Flasche gewissermaßen mit Ihren beiden Augen erst dies ist „echtes" Raumsehen.

Machen wir nun von dieser Flasche in A u g e n - abstand zwei Aufnahmen und betrachten die beiden Photos gleichzeitig mittels sogenannter Betrachtungsgeräte, dann erst sehen wir die Flasche körperlich, greifbar vor uns die dritte Ausdehnung, die Tiefe wird wirklich sichtbar.

Zu solchen Aufnahmen zu kommen, ist verhältnismäßig einfach. Die neue ILOCA-STEREO-KAMERA bietet keine Schwierigkeiten. Sie hat zwei Objektive und ist nicht anders zu bedienen als eine gewöhnliche Kamera. Nur das Äußere, nämlich die beiden Objektive und die etwas längere Form, unterscheidet sie von sonstigen Kleinbildkameras. Für beide Blenden, beide Verschlüsse und Entfernungseinstellungen ist nur je ein Handgriff erforderlich. Geladen wird die Stereo-Iloca mit der normalen Kleinbildpatrone schwarzweiß oder color. Es liegt in der Natur der Sache, daß die Stereo-Photographie billig ist, weil zum Betrachten nur ein Bildpaar für das Betrachtungsgerät benötigt wird. Freilich lassen sich auch Vergrößerungen, wie von jeder anderen Kleinbildaufnahme herstellen. Doch, wer einmal mit Raumbild begonnen, wird für den eigenen Bedarf auf Flachbilder gern verzichten.

Hervorragende Bedeutung kommt in der 3-D Photographie dem neuen Agfacolor-Umkehrfilm zu, weil er von vornherein ein n a t u r f a r b e n e s Durchsichtsbild ergibt, wohingegen der Schwarzweiß-Film als Diafilm kopiert werden muß. Stereo- bzw. Raumbildaufnahmen können auch dreidimensional projiziert werden, so daß diese Form der photographischen Betätigung dem Photofreunde ganz besonders viel des Schönen zu bieten vermag.
Anzeige aus KLICK Informationen für Foto-Freunde, Mai 1953. (© Text überarbeitet von  D. Schulte)